Deutschland ist im Pandemie-Stresstest – auch die Krabbenfischerei. In der ersten April-Woche müssen die Fischer im Hafen bleiben. Wie lange die Fangpause dauert, ist derzeit ungewiss.

Wie sich die Corona-Krise mittel- und langfristig auf die Krabbenfischerei auswirkt, lässt sich derzeit kaum vorhersagen. Klar ist: die Folgen der Pandemie sind schon jetzt massiv. Die Nachfrage ist spürbar gesunken, weil die Touristen ausbleiben. Die Fischer sorgen sich, ob der Transport zu den Entschäl-Zentren gesichert ist und ob die Arbeit dort weiterläuft. Wie lässt sich den Krabbenfischern jetzt helfen? Dazu haben wir Peter Breckling, den Generalsekretär des Deutschen Fischerei-Verbandes befragt.

Wie macht sich die Corona-Krise für die Fischerei bemerkbar?
Wir verkaufen weniger Ware sowohl in den Küstenregionen, aber auch auf den internationalen Märkten. Als erstes traf es die Ostseefischer, die ihre Fänge direkt vom Kutter verkaufen. Von heute auf morgen fehlten ihnen Absatzmöglichkeiten, als die Touristen aus den Küstenländern ausgewiesen wurden. Die Nachfrage der Restaurants an der Küste brach zusammen, später auch die Nachfrage von Schulen und Kantinen im ganzen Land. Im Lebensmittel-Einzelhandel wurde zwar etwas mehr Frischfisch und auch Tiefkühlware nachgefragt, das ist aber für die Branche kaum spürbar. Auch auf den Märkten in Frankreich und Holland machte sich die Krise schnell bemerkbar. Italien fällt derzeit als Abnehmer aus, in ganz Europa sinkt die Nachfrage. Damit fielen auch die Preise. Vor drei Wochen haben die schleswig-holsteinischen Fischer ein Kilo Ostseescholle in Holland für 2,20 Euro verkauft. Heute bekommen Sie 1,10 Euro dafür. Das lohnt sich also kaum noch. Erste Betriebe haben ihre Arbeit schon eingestellt.

Was kann die Politik jetzt für die Krabbenfischer tun?
Die Politik hat erstmal entschieden, dass die Fischerei „systemrelevant“ ist. Sie ist unverzichtbar für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Dadurch droht jetzt keine unmittelbare Schließung. Die Krabbenfischer sind von übergeordneten Märkten abhängig sind. Der springende Punkt ist die Entschälung in Marokko. Zum einen muss der Ein- und Ausfuhr in die EU sichergestellt sein. Zum anderen gibt es erste Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiterinnen in den Entschäl-Zentren, so dass die Kapazität schon um 60 Prozent gesunken ist. Man muss wissen, dass die Mitarbeiterinnen in der Handentschälung nah beisammensitzen. Wenn die Betriebe nicht mehr normal arbeiten können, führt das zur Verringerungen der Leistung. Die Ware muss man dann einlagern und es käme zu deutlichen Preisabschlägen. Dagegen ist die Politik machtlos und kann nur die Betriebe vor kurzfristiger Zahlungsunfähigkeit schützen.

Macht es denn in dieser Situation überhaupt noch Sinn zu fischen?
Eine Fangpause ist keine Alternative. Die Fischer sind darauf angewiesen, jetzt Geld zu verdienen. Viele Betriebe haben das vergangene Jahr nur geschafft mit der Perspektive, dass 2020 alles besser wird. Und der Absatz ist bis zur Corona-Krise gut angelaufen, die Preise waren gestiegen.

Was fordern Sie denn, damit die Krabbenfischer in dieser schwierigen Lage über die Runden kommen?
Die Betriebe haben nach dem schwierigen Jahr 2019 keinen Speck mehr auf den Rippen, sie brauchen Liquiditätshilfen. Nötig ist ein Zuschuss zwischen 5.000 und 30.000 Euro. Da muss der Staat jetzt sehr schnell handeln, damit die Krabbenfischer nach der Winterpause die nächsten Wochen über die Runden kommen.

Dringen Sie mit Ihren Forderungen durch bei der Politik?
Wir haben den Eindruck, dass sich viele Akteure ehrlich bemühen. Das Problem ist: Um die Fischerei mit Zuschüssen zu unterstützen, muss eine europäische Rechtsgrundlage her. Deutschland darf der Fischerei gar nicht im Alleingang mit Zuschüssen helfen, das muss auf europäischer Ebene zugelassen sein. Mindestens muss die Obergrenze für nationale Hilfen erhöht werden. Und diese Lösungen dauern natürlich immer ein bisschen. Auch wenn viele Leute ernsthaft an Programmen arbeiten, ist es doch schwer diese Prozesse zu beschleunigen. Bei aller Begeisterung für die Politik gerade – der bürokratische Apparat ist manchmal sehr schwerfällig. Deshalb wäre ich angenehm überrascht, wenn wir innerhalb kürzester Zeit Zuschüsse mobilisieren können, die bei den Fischern auf dem Konto ankommen. Die Chancen stehen nicht schlecht, die Anträge können schon eingereicht werden. Kredite helfen den Fischern gerade nicht, sie brauchen Hilfe, die sie nicht zurückzahlen müssen.

Solidarität ist das Stichwort der Stunde. Was können Verbraucherinnen und Verbraucher tun, um den Fischern zu helfen?
Das ist ganz leicht: Die Menschen sollen sich nicht den Appetit verderben lassen. Kaufen und essen Sie Fisch und Krabben. Das ist immer gut für einen gesunden Allgemeinzustand.

Stand: 27. März 2020

JoomlaMan