2020 ist das Jahr des Wattbodens. Er ist zugleich Landboden und Meeresboden. Der einmalige Lebensraum wird geprägt durch die Gezeiten. Für Krabben und viele andere Lebewesen ist der Wattboden unverzichtbarer Lebensraum. In Schlick und Sand tummelt sich mehr Leben als im Regenwald.

Wenn sich bei Ebbe das Watt bis zum Horizont erstreckt, handelt es sich nur scheinbar um eine leere Fläche. Unter den Füßen des Wattwanderers tobt das Leben: „Zwischen und auf den Sandkörnern wird soviel Biomasse produziert wie im tropischen Regenwald. Muscheln, Algen und Würmer leben hier und sie sind Nahrung für viele andere Tiere“, erklärt Wattökologe Dr. Gregor Scheiffarth von der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. Herzmuscheln, Wattwürmer und Kieselalgen, die einen braunen Schleier auf dem Watt bilden, gehören zu den bekanntesten Arten. Die Krabben vergraben sich im Sand oder schützen sich in den Prielen vor hungrigen Fischen. Mit dem Jahr des Wattbodens rückt die Kommission für Bodenschutz beim Umweltbundesamt diesen einmaligen Lebensraum in den Fokus.

Wind und Wellen als Baumeister

Wattböden verändern sich jeden Tag. Nach jeder Flut ist nichts mehr wie es war, Wind und Wellen sind die Baumeister. Es ist kein Lebensraum für zarte Gemüter, denn Temperatur, Salz und Licht wechseln im Takt der Gezeiten. Schnecken, Würmer, Krebse und Muscheln, die im Wattboden zuhause sind, liefern die Nahrung für zehn Millionen Zugvögel, die hier im Frühjahr, Herbst und Winter rasten. Umso wichtiger, dass der Lebensraum geschützt wird. Die Krabbenfischer fischen deshalb nur auf Sand- und Schlickböden, die regelmäßig durch die Gezeiten aufgewühlt werden. Wo Steine liegen, Muscheln siedeln oder Seegras wächst, werden die Netze nicht ausgeworfen. Für ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit ist die Fischerei mit dem Nachhaltigkeitssiegel des Marine Stewardship Council (MSC) ausgezeichnet.

Die größte Gefahr für den Lebensraum ist der Klimawandel. Veränderungen sind schon heute messbar. Die Wassertemperatur steigt, so siedeln heute an der Nordseeküste andere Tiere und Pflanzen als vor 50 Jahren. Die Plattfußkrabbe etwa, deren Lebensraum die Brandungszone von Sandständen vor allem in Belgien und Frankreich bis zum Mittelmeer ist, taucht heute im Wattenmeer auf. Dem Kabeljau hingegen wird es zu warm, er wandert weiter nach Norden ab. In den Ozeanen ist bereits ein Anstieg des Meeresspiegels durch den Klimawandel messbar, an der Nordsee noch nicht. „Bisher kann der Wattboden mitwachsen. Aus der Nordsee und den Flüssen werden immer wieder Sand und Schlick herangetragen und setzen sich dann ab. Steigt der Meeresspiegel zu stark an, wird der Nachschub an Sedimenten nicht mehr ausreichen und das Watt kann nicht mitwachsen. Wann genau dieser Kipppunkt kommt, lässt sich schwer voraussagen“, erklärt Dr. Gregor Scheiffarth.

Ausstellungen und Veranstaltungen im Jahr des Wattbodens

Wer mehr über die Besonderheiten des Wattbodens erfahren will, besucht im Zoologischen Museum Hamburg die Sonderausstellung „Watt erleben – Wattboden verstehen“. Bis zum 31. Mai 2020 kommen Besucher dem Lebensraum hier auf die Spur. Auch im Nationalpark Wattenmeer ist das Jahr des Wattbodens immer wieder Thema. Aktuelle Termine sind auf den Internetseiten des Nationalparks verzeichnet: www.nationalpark-wattenmeer.de. Und wer einen Blick in die atemberaubende Landschaft werfen will, klickt sich in interaktiven Luftbildaufnahmen von Borkum bis nach Cuxhaven und im schleswig-holsteinischen Gebiet von der Elbmündung bis nach Sylt.

Foto: Bildarchiv Nordseebad Spiekeroog GmbH

 

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