Für die Krabbenfischer ist ein sehr schwieriges Jahr zu Ende gegangen. Preise und Fangmengen waren auf einem Rekord-Tief, wie schon viele Jahre nicht mehr. Wenn die Preise nicht bald anziehen, geraten die ersten in Zahlungsschwierigkeiten.

Etwa 8.500 Tonnen Krabben sind den deutschen Krabbenfischern  2019 in die Netze gegangen, der Umsatz liegt bei etwa 24,5 Millionen Euro. Zu diesem bescheidenen Ergebnis kommt die Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer bei ihrer vorläufigen Schätzung. Zum Vergleich: 2018 konnten die Fischer 15.200 Tonnen Krabben verkaufen und machten einen Umsatz von 61,2 Millionen Euro. Besonders bitter: Obwohl die Fischer 2019 viel weniger gefischt haben, fiel der Durchschnittpreis von rund vier Euro auf nicht einmal drei Euro pro Kilogramm. Die Familienbetriebe kamen bei Umsatzeinbußen von 60 Prozent und mehr kaum über die Runden.

Das schlechte Ergebnis hängt vor allem mit dem Vorjahr zusammen. Am Jahresanfang 2019 waren die Lager der Großhändler voll mit Krabben, denn im Herbst 2018 hatten die Fischer ausgezeichnete Fänge gemacht. Weil es in der Folge kaum Lagerkapazitäten für weitere Krabben gab, nahmen die Händler dieses Jahr wenig Krabben ab. Viele Fischer mussten im Sommer sogar insgesamt sechs Wochen Fangpause einlegen. Die Nordsee-Touristen freuen sich über günstige Krabbenbrötchen an den Fischbuden, die Fischer hingegen bangen um ihre Existenz. Denn wenn der Preis nicht bald anzieht, kommen die ersten in Zahlungsschwierigkeiten. „Das ist wahrscheinlich die größte Krise, die ich in meinem Leben mitgemacht habe“, sagt Dirk Sander, der seit 45 Jahren in der Fischerei und heute Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft ist.

Für 2020 hoffen die Fischer auf steigende Preise. Denn im Moment passen Fangmenge und Preis nicht zusammen. Im Herbst ist die neue Krabben-Generation in die Netze gekommen. Und obwohl die Fischer sehr wenig gefangen haben, blieben die Preise im Keller. Nach der marktwirtschaftlichen Logik sollte der Preis in dieser Situation steigen. Das Problem: Verbraucher und Handel haben sich an günstige Krabben gewöhnt. Da die Vorräte der Großhändler inzwischen aber deutlich geschrumpft sein müssten, gehen die Fischer davon aus, dass die Preise bald nach oben klettern.

Aber auch wenn die Preise anziehen: Die Krabbenfischer schauen mit Sorgen in die Zukunft. Die Erzeugergemeinschaft vermutet, dass sich 2020 jede Menge in Sachen Offshore-Windenergie bewegt. Hintergrund ist der „Green Deal“, die Strategie der EU-Kommission, nach der Europa bis 2050 klimaneutral sein soll. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier plädiert für Turbinen auf See, um Kohle, Erdöl und Co. zu ersetzen: „Priorität für die Fortentwicklung des EU-Rechtsrahmens im Energiebereich haben aus meiner Sicht der verstärkte Ausbau von gemeinsamen Offshore-Windenergie-Projekten sowie die Weiterentwicklung des Gasmarktdesigns und die Förderung der Sektorkopplung.“ Weil die Windparks für die Fischer tabu sind, drohen hier wiederum Fanggebiete verloren zu gehen. Auch wenn der Blick auf den weiten Horizont am Nordseestrand etwas anderes vermuten lässt: Die Idee vom großen Meer, in dem die Fischer ihre Netze auswerfen können, entspricht immer weniger der Realität.

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