Die Lager der Großhändler sind voll mit Krabben, die Preise sind im Keller. Touristen freuen sich über günstige Krabbenbrötchen, bei den Fischern ist die Stimmung dagegen mies. Sie müssen von ihren Rücklagen leben und hoffen, dass die Preise im Herbst wieder anziehen. 

Der Kutter von Jann-Tjado Gosselaar – die Flamingo – ist im Moment häufig im Hafen von Greetsiel zu sehen. Denn er fischt nur drei, höchstens vier Tage pro Woche. Dann hat er 1.500 Kilo Krabben in seinen Netzen und mehr nimmt ihm der Großhändler im Moment nicht ab. Dazu kommen insgesamt sechs Wochen Fangpause in diesem Sommer. Der Grund: Hinter den Krabbenfischern liegen drei Jahre mit sehr geringen Fängen. Dann war der Krabbenbestand im letzten Herbst innerhalb weniger Wochen regelrecht explodiert. In vier Monaten wurde die Menge gefangen, die sonst in einem Jahr gefischt wird. Nun sitzen die Händler auf vollen Lagern.

Für das Kilo Krabben bekommt Jann-Tjado Gosselaar heute gerade einmal 2,80 Euro. Im vergangenen Sommer war es das Drei- bis Vierfache. Und die Kosten laufen weiter – also Kredite, Hafengebühren, Versicherungen und der Lohn für die Decksleute. „Da bleibt am Ende nichts übrig. Wirtschaftlich sind wir im Moment an der absoluten Untergrenze“, erklärt Jann-Tjado Gosselaar. Dirk Sander, der Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft, ist seit 45 Jahren in der Fischerei und fürchtet um die Existenz der Krabbenfischer: „Das ist wahrscheinlich die größte Krise, die ich in meinem Leben mitgemacht habe.“

Die Fischer hoffen, dass der Markt bald wieder anzieht. Denn als sie nur sehr wenig Krabben fischen konnten, ist die Nachfrage extrem zurückgegangen. Im letzten Sommer waren Krabbenbrötchen Luxus. „Hier in Greetsiel haben einige Restaurants die Krabben von der Karte genommen, weil sie einfach zu teuer waren“, erzählt Gosselaar. Nun sei der Markt „katastrophal“. Die Touristen müssen wieder Geschmack finden und mitbekommen, dass das Krabbenbrötchen längst wieder bezahlbar ist. 

Für die Zukunft wünschen sich die Fischer, dass sich Fänge und Preise normalisieren: „Wir können eine Saison wie diese überstehen, aber nächstes Jahr muss es wieder besser laufen“, sagt Gosselaar. Er hofft, dass alle 28 Familienbetriebe, die von Greetsiel aus auf Krabbenfang gehen, dieses Jahr verkraften. Im Herbst kommt der neue Krabben-Jahrgang in die Netze. Eine Prognose wagt im Moment niemand im Greetsieler Hafen. Die Schwemme im letzten Jahr hat wieder einmal gezeigt, dass sich kaum abschätzen lässt, wie viel Garnelen-Nachwuchs in den Weiten der Nordsee heranwächst.

Jann-Tjado Gosselaar nutzt die freie Zeit für die Familie, er hat fünf Kinder. Und er will seinen Betrieb breiter aufstellen. In den vergangenen Jahren hat er ausschließlich Krabben gefischt, nun holt er die Netze für Plattfische – also Seezunge und Scholle – wieder vom Speicher. Die alten Netze werden ausgebessert, neue Fanggeschirre müssen her. Ob sich das lohnt, wird sich erst in Zukunft zeigen. Aber Gosselaar will nicht allein von der Krabbe abhängen, wenn es wieder eine Krise geben sollte. Trotz der Unwägbarkeiten hängt er an der Fischerei. „Ich habe meine Kinder nicht ständig mit zum Hafen geschleppt. Aber wenn doch noch einer Gefallen daran findet, werde ich nicht abraten, sondern sie unterstützen.“

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