Die EzDK setzt sich mit allen anderen Krabbenfischern für eine MSC-Zertifizierung ein, unterstützt Umweltverträglichkeitsforschungen und eine ökologisch verträgliche Krabbenfischerei, doch Richtlinien der EU erschweren diesen Prozess. Ein Gespräch mit Philipp Oberdörffer, einem der drei Geschäftsführer der EzDK.   

Wie ist es aktuell um die Krabbenfischerei bestellt?

P. Oberdörffer: Wir erleben seit Jahren ein Auf und Ab, es gibt gute und schlechte Jahre. Unser grundsätzliches Problem ist ein großer Investitionsstau. Die Kutter sind im Schnitt 35 Jahre alt, die Flotte schrumpft also altersbedingt. Die jungen Leute, die zukünftige Generation der Krabbenfischer, will heute nicht auf alten Holzkuttern, sondern auf vernünftigen Stahlkuttern anfangen. Ein Neubau kostet aber rund 1,5 Millionen Euro. Dafür einen Kredit zu bekommen, ist nahezu unmöglich, denn auch das Bankensystem hat sich geändert. Der Direktor der Sparkasse um die Ecke kannte die Branche und hatte Vertrauen. Heute muss bei der Zentrale in München nachgefragt werden und da sitzen ja bekanntlich nicht die Experten für Fischereien. Dementsprechend rutscht man mit solch einem Ansinnen sofort in die höchste Risikogruppe.

 Das hört sich nicht gerade rosig an – wie sieht die Zukunft aus und was muss aus Ihrer Sicht passieren, um die Situation zu verbessern?

P. Oberdörffer: Die Zukunft heißt Konsolidierung. Die guten Jahre helfen uns nur, diesen Prozess zu verzögern. Ich befürchte, dass wir mindestens ein Drittel weniger Schiffe haben werden. Die Effizienz der bestehenden Fahrzeuge muss zwangsläufig steigen...

Hinzu kommt, dass die bestehenden Regularien die gesamte Fischerei behindern und die Fischer zusätzlich belasten. Die Fülle an Auflagen in punkto Sicherheit und Arbeitsgestaltung und der damit verbundene Papierkram, ist in den vergangenen Jahren exponentiell gewachsen. Das fängt an mit dem Logbuch, um die Fangmengen zu überwachen. Für die Nordseegarnele, die keinen Fangquoten unterliegt, mag dies ein Erkenntnisgewinn sein, mehr aber auch nicht. 

Oder die Satellitenüberwachung der Kutter, die als Überwachungsinstrument eingeführt wurde. Es gibt nichts, was man damit an Vergehen feststellen könnte. Wir haben keine Seetage, wir haben keine Quote, es gibt keine Gebiete, in die wir dann nicht fahren dürfen. Um Fangmengen zu überwachen, ist es im Fall der Krabbenfischer also völlig ungeeignet. Am Ende hat sich wenigstens gezeigt, dass die Technik sich für unsere Zwecke als Informationsquelle eignet, zum Beispiel um die Aufwandsverteilung zu analysieren, Nutzungskonflikte zu erkennen und so den Prozess der Zertifizierung für verantwortliche Fischerei zu unterstützen. Die EU macht ungern Ausnahmen, deshalb ist die Krabbenfischerei von dieser und anderen Auflagen betroffen. Das ist Irrsinn. Hier wünschen wir uns mehr Gehör und Unterstützung. Aber es ist verdammt schwer, sich als kleine Gruppe in Brüssel durchzusetzen.

Ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Anliegen der EzDK?

P. Oberdörffer: Unbedingt! Die Krabbenfischerei ist, so wie sie von unseren Fischern betrieben wird, gelebte Nachhaltigkeit. Sie sind Familienunternehmer, die ihre „Betriebe“ in den meisten Fällen an ihre Söhne weitergeben. Und das schon sehr lange über viele Generationen. Kein Mensch betreibt Raubbau an der Natur, wenn die nächste Generation das fortführen soll, was man eigenhändig aufgebaut hat. 

Was halten Sie als Fischereibiologe denen entgegen, die fordern, dass die Fischerei sich zugunsten der Unterwasserwelt ändern müsse?

P. Oberdörffer: Unsere Kritiker zielen in erster Linie auf die Bodenberührung und den Beifang ab. Sie fordern eine ungestörte Entwicklung der Organismen im Nationalpark. In der Ökosystemforschung haben Untersuchungen bestätigt, dass der Einfluss des Rollengeschirrs, das in der Krabbenfischerei eingesetzt wird, im Vergleich zur natürlichen Sedimentbewegung zu vernachlässigen ist. Zwei Mal pro Tag rauscht die Tide mit immenser Kraft durch unsere Fanggründe. So werden pro Jahr in vielen Bereichen mehrere Meter an Sediment umgelagert. 

Die Beifangproblematik wird durch Siebnetze und Trommelsiebe abgemildert. Die Siebnetze sorgen dafür, dass bereits unter Wasser viele Organismen das Netz wieder verlassen und Trommelsiebe garantieren eine schonende Sortierung an Bord. Zudem sind die typischen Wattenmeerfische durch die Tide sehr robust.

Natürlich kann man immer noch besser werden – und das zeigen wir: Wir beteiligen uns an den Forschungsprojekten. Wir sind ständig bemüht den Einfluss der Krabbenfischerei auf die Natur noch weiter zu mildern. Es gibt aber eine Grenze. Die ist dann erreicht, wenn der Fortbestand der Fischerei angezweifelt wird. Dann geht es auch um unsere Existenzen.

Dann ist das Discard-Verbot der EU, also das Verbot jeglichen Beifang über Bord zu werfen, ein Problem für die Krabbenfischerei?

P. Oberdörffer: Ja, das wäre ein Problem. In der Discard-EU-Verordnung ist auf unser Drängen hin eine Ausnahmeregelung enthalten. Sie greift, wenn die Überlebensrate des Beifangs besonders hoch ist. Sollten wir also von dem Verbot betroffen sein, hoffen wir, dass diese greift. Denn die Überlebensraten vieler Arten unseres Beifangs liegen deutlich jenseits der 50 Prozent. Mit einem Discard-Verbot würde die Sterblichkeit künstlich erhöht. Im Fall der Krabbenfischerei würde mehr zerstört als geschützt.

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie bei dem Vorhaben, die EzDK nach dem Umweltstandard des Marine Stewardship Council (MSC) für nachhaltige Fischerei zertifizieren zu lassen?

P. Oberdörffer: Eine Zertifizierung bedeutet immer, dass man sich an bestimmten Standards messen lässt. Wir bemühen uns im Rahmen der MSC Zertifizierung ein Bestandsmanagement aufzubauen, um in den Standard zu passen. Die Wissenschaft tut sich jedoch sehr schwer, dies für die Krabbenfischerei aufzubauen. Man will die Fischerei managen, um den Bestand zu regulieren. Dabei haben aber natürliche Faktoren einen größeren Einfluss auf den Bestand.. Man darf nicht vergessen, dass wir es hier mit einem einjährigen Organismus zu tun haben. Das erschwert jegliches Management. Aber wir wollen dieses Zertifikat und wir sind mehr als zuversichtlich, es auch zu bekommen.

Sie sind jetzt seit gut einem Jahr im Amt, die EzDK wurde 2012 gegründet - hat es sich gelohnt?

P. Oberdörffer: Ein klares „Ja“. Wir mussten unsere Kräfte bündeln, um unsere Existenzen zu sichern. Es gab keine Alternative. 

Wo sehen Sie Ihre größten Erfolge seit 2012?

P. Oberdörffer: Wir können wieder von unserer Arbeit leben. Wir sieben und klassifizieren unsere Ware wieder selbst. Die Fischer hatten diese „Landarbeit“ über die Jahre völlig  an die Abnehmer übergeben. Das ist ein ganz großer Gewinn. Darüber hinaus haben wir es geschafft, eine Gemeinschaft über die Landesgrenzen von Schleswig-Holstein und Niedersachsen hinweg zu schaffen. Dafür mussten tiefe Gräben überwunden werden. 

Nach vorn geschaut - was ist Ihr wichtigstes Ziel?

P. Oberdörffer: Wir wollen Ruhe in den Markt bringen und die Schwankungen in den jährlichen Erträgen ausgleichen. Wir wollen eine Situation schaffen, mit der Fischer, Handel und Konsumenten zufrieden sind. Und wir wollen das Vertrauen in den Sektor zurück gewinnen, um Planungssicherheit zu bekommen. Dann können wir die dringend notwendigen Investitionen tätigen. 

Jenseits des Tagesgeschäfts als Geschäftsführer - wie ißt Philipp Oberdörffer seine Krabben am liebsten?

P. Oberdörffer: Da muss ich nicht lange nachdenken. Für den Krabbensalat von Grete Sander aus Nessmersiel lasse ich alles stehen: Krabbenfleisch satt, Öl, Essig, Zwiebeln, Salz und Pfeffer.

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