Alte Schiffe abwracken, Ausbildung aufwerten, Fischen in Windparks prüfen: Die Zukunftskommission Fischerei hat Vorschläge erarbeitet, um der Branche Perspektiven zu eröffnen. Seit ein paar Jahren stecken die Familienbetriebe in der Krise – mit einem Bündel Maßnahmen soll die Wende kommen.

„So wie es ist, kann es nicht bleiben. Wir müssen jetzt die anstehenden Veränderungen meistern. Und dann wird der Beruf des Fischers hoffentlich wieder attraktiv für junge Leute“, sagt Bettina Adam. Sie kennt die Fischerei aus dem Effeff, denn sie kümmert sich im Krabbenfischerbetrieb ihres Ehemanns seit vielen Jahren um den Verkauf und den Papierkram. Auch in der Zukunftskommission Fischerei des Bundeslandwirtschaftsministeriums hat sie mitgearbeitet. Für besonders wichtig hält sie die Verkleinerung der Flotte um ein Drittel, wie sie die Kommission nun empfohlen hat: „Dieser Schritt ist dringend notwendig. Nur wenn die Zahl der Krabbenkutter sinkt, haben die übrigen Betriebe eine Chance wieder wirtschaftlich zu arbeiten.“ Hintergrund ist, dass die Fischer künftig in immer weniger Gebieten fischen können. Zwar entstehen die neuen Windparks weit draußen auf dem Meer, fernab der Fanggebiete der Krabbenfischer. Aber weil zwischen den Windparks und dem Festland Kabel verlegt werden müssen, wird es in den kommenden Jahrzehnten massive Behinderungen in den Fanggebieten geben. Wichtig sind Bettina Adam auskömmliche Programme für die Fischer, die ihre Betriebe aufgeben: „Die Fischer haben darauf vertraut, dass der Kutterverkauf ein Baustein ihrer Rente ist. Da sind also Lücken in der Absicherung entstanden. Es wird außerdem darum gehen, das rechtlich sicher zu organisieren.“

Noch Zukunftsmusik, aber vielleicht irgendwann Realität: Fischen im Windpark

Für die verbleibenden Betriebe könnten sich die Fangmöglichkeiten eines Tages sogar erweitern. Ein Vorschlag der Kommission sieht vor, das Fischen in Windparks zu prüfen. Im Moment ist das auf deutschem Gebiet verboten – Großbritannien oder Dänemark hingegen erlauben zwischen den Turbinen teilweise sogar den Einsatz von Schleppnetzen. Aus der Wissenschaft gibt es Hinweise, dass sich Taschenkrebse und Kabeljau in Windparks gut entwickeln. Warum nicht auf andere Arten ausweichen? Bettina Adam sagt: „Grundsätzlich ist das Fischen im Windpark interessant, auch weil wir uns so unabhängiger von Importen machen können. Im Moment sind aber noch viele Fragen offen.“ Forderungen nach Gebietsschließungen, wie sie auch in den Empfehlungen der Kommission enthalten sind, findet Bettina Adam schwierig: „An dem Punkt wurde es auf unseren Sitzungen sehr emotional. Aus Perspektive der Fischerei ist klar: Das Wattenmeer ist ein Ort der Extreme mit Stürmen, Ebbe und Flut. Der Einfluss der Fischerei auf dieses System ist nach kurzer Zeit nicht mehr messbar. Das ist wissenschaftlich belegt.“

Ausbildung mit nationalem Fischereipatent

Zu den großen Themen im Abschlussbericht der Zukunftskommission gehört auch die Aus- und Weiterbildung. Wegen der Krise entscheiden sich immer weniger junge Leute für den Beruf. Eine Idee ist es, die Ausbildung zum Fischwirt mit dem Erwerb eines nationalen Fischereipatents zu verknüpfen und den Abschluss so attraktiver zu machen. Und wer ein internationales Fischereipatent hat, soll leichter auch auf Schiffe außerhalb der Fischerei wechseln können. „Wenn die jungen Leute nach der Ausbildung mehr Möglichkeiten haben und wenn wieder gutes Geld zu verdienen ist, wird es wieder mehr Interesse geben“, sagt Bettina Adam. Die Kommission schlägt außerdem vor, die Weiterbildung zum „Meeresförster“ auszuweiten. Wie die Ostseefischer sollen nun auch die Kollegen an der Nordsee lernen, Tätigkeiten in Umweltschutz, Tourismus, Umweltbildung und Forschung zu übernehmen.

Vorschlag: Prototyp eines umweltfreundlichen Kutters soll gebaut werden

Im Abschlussbericht plädiert die Zukunftskommission außerdem für den Bau eines umweltfreundlichen Kutters, wofür es bereits Pläne gibt. Außerdem empfehlen die Experten einen Sonderfonds Liquiditätshilfe Küstenfischerei, der Fischer mit Bürgschaften und Garantien unterstützt. Wegen der angespannten Situation sind Kreditverhandlungen mit Banken derzeit schwierig. Und wie geht’s weiter? Die Arbeit der Kommission ist nun beendet, alle Vorschläge der knapp 40 Experten aus Forschung, Behörden, Fischerei und Umweltschutz liegen auf dem Tisch. Nun liegt der Ball bei der Politik. Bettina Adam sagt: „Wichtig ist, dass Maßnahmen nun endlich angeschoben werden. Für unsere Küsten ist die Fischerei wirklich ein Faktor, denn an der Branche hängen auch Jobs in den Häfen, Siebstellen, den Werften und bei Handwerksbetrieben.“

Den kompletten Abschlussbericht der Zukunftskommission gibt’s auf der Webseite des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

 

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