Mit gerade einmal 26 Jahren hat sich Hendrik Dirks als Krabbenfischer selbstständig gemacht. Bisher war er angestellt bei seinem Vater – nun haben die zwei die Rollen getauscht.
Wenn seine Schulfreunde in den Sommer- und Herbstferien in den Urlaub gefahren sind, war Hendrik Dirks auf See. Schon als 12-Jähriger ist er mit seinem Vater rausgefahren, um Krabben zu fischen. Seine Familie kommt aus Neuharlingersiel. Sie lebt seit Generationen vom Meer, auch sein Urgroßvater und sein Großvater waren Fischer. Nach dem Abitur hat er deshalb nicht lange überlegt: „Mir war immer klar, was ich machen will. Man ist in der Natur, man lebt von der Natur. Ich bin mein eigener Herr. Das finde ich ganz cool.“
Mit 26 Jahren ist er sein eigener Chef
Die Ausbildung zum Fischwirt hat er bei seinem Vater gemacht. Und nun – mit gerade einmal 26 Jahren – ist er sein eigener Chef und Neuharlingersiel hat einen neuen Kutterkapitän. Früher wäre das keine Meldung wert gewesen. Dass Söhne das Ruder vom Vater übernehmen war lange Zeit Standard. Aber heute werden es immer weniger Kutter. Nach wirtschaftlich schwierigen Jahren finden nur wenig Betriebe Nachfolger.
Hendrik Dirks traut sich zu, die Tradition fortzusetzen – trotz der Unsicherheit. Und er investiert: Eigentlich wollte er mit dem Holzkutter seines Vaters loslegen, aber dann stand ein Stahlkutter zum Verkauf. Nach ein paar schlaflosen Nächten ist die Entscheidung für den Stahlkutter gefallen, denn mit dem kann er weiter rausfahren und länger fischen. Meist ist Hendrik Dirks rund um die Ostfriesischen Inseln und Richtung Weser und Elbe unterwegs. Auch die Küste Nordfrieslands gehört zu seinen bevorzugten Fanggebieten.
Für den Kutter hat sich der junge Fischer hoch verschuldet
„Der neue Kutter hat so viel gekostet wie ein Einfamilienhaus“, erzählt Hendrik Dirks. Für den Fall, dass die Netze leer bleiben oder eine Liegezeit kommt, ist er vorbereitet. Schon jetzt bietet er an den Wochenenden im Sommer Angeltouren mit seiner „Anna“ an. Die Idee ließe sich weiter ausbauen: Sein Schiff ist zugelassen für Gästefahrten. Am liebsten würde er natürlich einfach fischen, aber es ist wichtig einen Plan B zu haben. Saure-Gurken-Zeiten kann sich Hendrik Dirks nicht leisten, er muss seinen Kredit zurückzahlen. Sein Kutter ist Baujahr 1986, er soll aber noch viele Jahre halten: „Wenn wir eine 80-Prozent-Förderung für einen neuen Kutter bekommen würden, dann wäre das eine klare Sache. Aber ohne Zuschuss ist ein neues Schiff finanziell nicht drin.“
„Gut, dass mich mein Vater mit seiner Erfahrung unterstützt.“
Seit Juni ist Hendrik nun als Kapitän unterwegs. Vorher war er bei seinem Vater angestellt. Heute haben sie die Rollen getauscht und der Vater arbeitet beim Sohn: „Eigentlich hat sich nicht viel verändert. Am Steuer haben wir uns sowieso immer abgewechselt. Es ist gut, dass mich mein Vater mit seiner Erfahrung unterstützt.“ In den ersten Wochen im Juni konnte er nicht viel fangen, für die Krabbenfischer ist das immer eine schwierige Zeit. Jetzt im September läuft es hingegen besser – volle Netze für Familie Dirks.
Die Fischer-Kollegen aus Neuharlingersiel freuen sich, dass Hendrik die Familientradition fortsetzt. Denn wichtig ist, dass das Wissen an die nächste Generation weitergegeben wird. Und natürlich, dass es weiter Kutter gibt in der ostfriesischen Gemeinde. Seit über 300 Jahren prägt der Hafen den Ort: „Die Gäste kommen wegen des Hafens. Wenn es den nicht mehr gibt, kommen auch keine Gäste mehr. Und das kann niemand wollen.“ Und wie isst Hendrik seine Krabben? „Am liebsten natürlich an Bord, wenn sie aus dem Kocher kommen. Mit dem Blick auf den weiten Horizont.“