Die Krabbenfischerei soll die Natur so wenig wie möglich belasten. Forscher des Thünen-Instituts entwickeln derzeit neue Netze mit Fluchtwegen für Schollen, Wittlinge oder zu kleine Krabben.

Juan Santos ist auf der Suche nach dem idealen Kompromiss. Der Biologe beschäftigt sich am Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock mit neuen Fangtechniken. Sein Ziel: möglichst viele große Krabben in den Netzen, aber gleichzeitig junge Krabben, Schollen, Wittlinge und andere Arten in die Freiheit schicken. Selektiver sollen die Netze werden, nur das „Richtige“ soll aus der Nordsee geholt werden. Das wünschen sich auch die Fischer, schließlich wollen auch sie gesunde Meere und dazu gehört ein Minimum an Beifang. 

Neue Ideen: Gitter und Fluchtöffnungen

Juan Santos und sein Team haben gerade neue Ideen für eine Verbesserung der Fanggeräte bei einer zweiwöchigen Reise mit dem Fischereiforschungsschiffs Solea ausprobiert. Getestet haben sie zum Beispiel Gitter, die wie Grillroste aussehen und vor dem Steert angebracht werden. Die Garnelen schlüpfen durch das Gitter und werden im hinteren Teil des Netzes gefangen, größere Fische hingegen passen nicht durch das Gitter und werden durch Öffnungen automatisch aus dem Netz geschoben: „Wir sind mit Fangtechnikern aus aller Welt in Kontakt. Auch beim Fang der norwegischen Eismeergarnele oder bei der Kaisergranatfischerei im Kattegat gibt es gute Erfahrungen mit Gittern“, erklärt Juan Santos. Eine andere Idee sind Netze mit einem sogenannten Briefkasten. Diese integrierten Schlitze sollen Schollen und Co. erlauben aus dem Netz zu schwimmen.

Noch ist die Auswertung der Versuche auf der Solea nicht abgeschlossen, in den Tiefkühlschränken des Thünen-Instituts lagern eimerweise Fangproben, die nun genau vermessen werden: „Schon jetzt können wir aber festhalten, dass alle getesteten Konzepte den Beifang reduzieren – das ist schon mal super“, findet Juan Santos. Toll ist auch, dass manche Idee quasi nebenbei Lösungen für die Probleme der Krabbenfischer entwickelt. Vielen Fischern machen zum Beispiel Algen große Probleme, die in den Netzen hängenbleiben und sie verstopfen. Mit den Gittern vorm Steert bleiben die Maschen weitgehend frei von Algen und die Fischer können sich das mühsame Saubermachen der Netze sparen.

„Fischer sollen aus verschiedenen Netzdesigns wählen können, abhängig von ihren individuellen Bedingungen.“

Juan Santos ist mit den ersten Ergebnissen der Forschungsreise sehr zufrieden: „Wir wollten auf der Reise herausfinden, welche Idee Potenzial hat. Richtig gut war, dass wir Dirk Sander an Bord hatten, der jahrzehntelange Erfahrung als Krabbenfischer hat und genau weiß, was in der Praxis funktioniert.“ Nun will Juan Santos mit seinem Team an allen Ansätzen weiterarbeiten. Denn es kann sein, dass ein Fanggerät an der Elbmündung funktioniert, vor Büsum dagegen nicht. Jahreszeiten, Meeresgrund, mitgefangene Arten, Algenwachstum: Innerhalb der Krabbenfischerei gibt es viele Variationen: „Wir wollen deshalb nicht ein Fanggerät, sondern mehrere Geräte entwickeln. Fischer sollen aus verschiedenen Netzdesigns wählen können, abhängig von ihren individuellen Bedingungen.“

Die Ideen werden nun weiter verfeinert, zwei weitere Forschungsreisen sind geplant. Unter anderem mit Unterwasserkameras beobachten die Wissenschaftler das Verhalten von Fischen und zu kleinen Krabben. Wenn alles klappt wie erhofft, wollen die Wissenschaftler der Fischerei Mitte des kommenden Jahres erste Alternativen zu den herkömmlichen Netzen vorstellen: „Ich finde die Zusammenarbeit mit den Fischern unfassbar gut. Die Fischer bringen ihr ganzes Wissen ein, weil sie wissen, dass unsere Zusammenarbeit für alle wertvoll ist. Außerdem haben sie richtig gute Ideen zur Verbesserung der Fanggeräte.“  

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