Jedes Jahr landen viele Tonnen Krabbenschalen nach dem Pulen im Müll. Wie die Ressource genutzt werden kann, zeigen Forscher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI). Aus vermeintlichen Resten haben sie Futterpellets für die Aquakultur hergestellt.

Zum Wegwerfen sind Krabbenschalen viel zu schade, so viel steht fest. Aber welche Inhaltsstoffe stecken in den Panzern und wie lassen sich diese verwerten? Um diese Fragen dreht sich ein Forschungsprojekt des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven. Klar ist: Die vermeintlichen Reste enthalten viele wertvolle Nährstoffe wie Protein, Chitin, Fett und Aminosäuren. Die Meeresbiologen Reinhard Saborowski und Enno Fricke sehen großes Potenzial für eine Nutzung: „Die Inhaltsstoffe der Schalen passen ausgezeichnet zu den Anforderungen an Futter, das in der Aquakultur zum Beispiel für die Aufzucht von Shrimps gebraucht wird.“ Die Idee haben die Forscher getestet und aus den Pulresten Futterpellets hergestellt – mit überzeugenden Ergebnissen: „Die Shrimps haben die Pellets aus den Krabbenschalen genauso gut angenommen, wie ihr übliches Fischmehl-Futter und sind sogar besser gewachsen. Das haben wir gar nicht erwartet.“ Über zwei Monate wurden die Shrimps mit den neuen Pellets gefüttert und über diesen Zeitraum haben sie sich sehr gut entwickelt. Enno Fricke kommt zum Schluss: „Unsere Untersuchungen zeigen, dass sich Krabbenschalen sehr gut als Futtermittel für Riesengarnelen eignen.“

Der innovative Ansatz hat jede Menge Potenzial. Denn das begehrte Fleisch der Nordseekrabbe macht nur einen kleinen Teil ihres Gesamtgewichts aus, bis zu 70 Prozent der Gesamtmasse der Tierchen landen derzeit nach dem Pulen im Müll. 2021 haben die deutschen Krabbenfischer über 7.000 Tonnen Krabben angelandet – und die Bilanz lag weit unter dem Durchschnitt. 2005 waren es zum Beispiel über 18.000 Tonnen. Und gibt es bei den Futtermittelherstellern auch eine Nachfrage? Die Aquakultur für Garnelen ist in Europa derzeit ein Nischenmarkt, die großen Mengen werden in Südostasien produziert. Enno Fricke sieht dennoch Chancen: „In Europa entstehen immer mehr Garnelenfarmen und der Bedarf an proteinhaltigen Rohstoffen ist groß. Ich glaube, dass es gelingen kann, Krabbenschalen als Futterpellets zu etablieren.“

Für die Krabbenfischer sind das ausgezeichnete Nachrichten. Die Herstellung von Futterpellets für die Aquakultur könnte ein Baustein für eine lokale Vermarktung der Krabben sein. Wenn die Entwicklung der neuen Krabbenpulmaschine gelingt, würden die Schalen direkt an der deutschen Küste anfallen. Wird nicht nur das Fleisch, sondern die gesamte Krabbe verwertet, steigen die Chancen auf eine wirtschaftliche und nachhaltige Fischerei. Die Idee aus dem Forschungslabor des Alfred-Wegener-Instituts ist zwar noch kein marktfähiges Produkt, für die Krabbenfischerei bietet sie aber eine wichtige Perspektive.

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