Gute Nachrichten für die Umwelt und die Krabbenfischer: Der Marine Stewardship Council (MSC) bestätigt erneut, dass die Garnelenfischerei in der Nordsee nachhaltig ist. Die Fischer dürfen ihre Ware weiterhin mit dem blauen Siegel verkaufen.

Im turnusmäßig anstehenden Rezertifizierungsprozess konnten die Krabbenfischer die Zertifizierer wieder von ihrer nachhaltigen Arbeitsweise überzeugen. Wie verträgt sich die Fischerei mit dem Schutz der Natur im Nationalpark? Und wie klappen die Absprachen zwischen den drei Fangnationen Deutschland, Dänemark und den Niederlanden? Vivien Kudelka, Fischereireferentin des MSC Deutschland, gibt Auskunft.

Frau Kudelka, die Krabbenfischerei darf das MSC-Siegel behalten. Wie hat der MSC die Nachhaltigkeit der Fischerei überprüft?
Eine MSC-Bewertung dauert bis zu 18 Monate, findet alle fünf Jahre statt und wird von einem unabhängigen Zertifizierungsteam durchgeführt. Stakeholder wie Naturschutzverbände, Wissenschaft und Verwaltung können sich beteiligen und ihre Informationen einfließen lassen. Die Zertifizierer machen Vor-Ort-Besuche und sammeln wissenschaftliche Informationen wie Bestands- und Beifangdaten. Ihr Bericht wird von zwei unabhängigen wissenschaftlichen Gutachtern geprüft, die Stakeholder können Einspruch einlegen. Das Verfahren ist sehr aufwändig und transparent.

Umweltschutzorganisationen kritisieren, dass im Nationalpark Wattenmeer gefischt wird. Dürfen die Fischer überall ihre Netze auswerfen?
Nein, die Fischer befischen nur etwa 40 Prozent der Nationalparkfläche, 60 Prozent bleiben unberührt. Zum einen sind flache Gebiete wie Priele für die Kutter nicht zugänglich, zum anderen stehen sensible Gebiete wie Seegraswiesen oder Muschelbänke unter Schutz. Fischen in sensiblen Gebieten schädigt den Meeresboden, das erlaubt das MSC-Siegel nicht.

Umweltverbände fordern ein komplettes Verbot der Fischerei mit Grundschleppnetzen im Nationalpark. Wie stehen Sie dazu?
Der MSC fordert in seinem Umweltstandard, dass das Fischen den Meeresboden nicht langfristig schädigen darf. Der MSC betrachtet immer den Einzelfall und bewertet jede Fischerei individuell. Grundschleppnetzfischereien, die das marine Habitat irreversibel schädigen, erhalten keine MSC-Zertifizierung. Ein generelles Grundschleppnetz-Verbot halten wir nicht für zielführend – weder aus ökologischer Perspektive noch in sozialer Hinsicht. Die Fischerei ist die Lebensgrundlage der Fischer und eine wachsende Weltbevölkerung muss ernährt werden.

Mit dem MSC-Siegel haben sich die Fischer zu einem gemeinsamen Management verpflichtet, unter anderem mit Fangstopps bei sinkenden Fängen. Halten sich die Fischer an die Verabredungen?
Die Fischer haben mit dem Managementplan eine unglaubliche Leistung vollbracht. Schließlich sind sie Konkurrenten und das Management gilt für drei Nationen. Bemerkenswert ist, dass die Fischer sehr transparent arbeiten und sich von der Wissenschaft auf die Finger schauen lassen. Insgesamt funktioniert das Verfahren wirklich gut.

An welchen Stellen sehen Sie bei der Nachhaltigkeit noch Luft nach oben?
Ein Thema ist die sogenannte Wachstumsüberfischung. Dabei geht es darum, dass besonders die kleinen Tiere geschont werden, damit sie weiterwachsen können. Auch da hat die Fischerei reagiert und zum Beispiel die Maschenweiten im Steert von knapp 20 auf 25 Millimeter vergrößert. Das klingt wenig, aber bei so kleinen Tieren wie der Krabbe macht das viel aus. Wir beobachten weiter, ob die Maßnahme ausreicht und den gewünschten Effekt zeigt.  

Die Fischer haben sich in diesem Jahr entschlossen, freiwillig auf den Plastikscheuerschutz an ihren Netzen – sogenannte Dolly Ropes – zu verzichten. Wie bewerten Sie das?
Das war die beste Nachricht in diesem Jahr. Es ist super, dass sich jetzt alle deutschen Krabbenfischer auf diesen Schritt einigen konnten. Ich hoffe, dass sie damit auch andere Fischereien inspirieren, Alternativen zu den umweltschädlichen Kunststofffasern zu entwickeln.

Für Verbraucher ist es manchmal schwer, bei der Vielzahl von Nachhaltigkeitssiegeln den Überblick zu behalten. Für welche Prinzipien steht der MSC?
Der MSC legt Wert auf gesunde Bestände und Ökosysteme sowie ein effektives Fischereimanagement. Jede menschliche Aktivität hinterlässt Spuren in den Ökosystemen. Die Frage ist immer, wie langfristig diese Spuren sind. Kann sich ein Ökosystem in einem überschaubaren Zeitraum wieder erholen? Das Forschungsprojekt Cranimpact hat gezeigt: Nach 10 bis 20 Tagen sind die Spuren der Krabbenfischerei nicht mehr erkennbar, die Regenerationsfähigkeit des Ökosystems ist gegeben. Die Grundschleppnetzfischerei entspricht den Kriterien des MSC-Standards für nachhaltige Fischerei.

 

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